Projekt der 11a zur Umbenennung des Dr.-Franz-Lippert-Weges in Landshut
Immer wieder ergibt sich gegenwärtig vielerorts die Frage, inwiefern ein Straßenname verändert werden sollte, wenn sich aus heutiger Perspektive ein ganz neues Bild von der Person ergibt, zu deren Ehren die Straße benannt wurde. Mit dieser und noch weiteren Fragestellungen befassten sich Schülerinnen und Schüler der Klasse 11a am Schuljahresanfang und -ende in zwei von der Stadt Landshut initiierten Workshops.
Seit 1988 trägt in Landshut ein Weg zwischen der Sigmund-Schwarz- und der Gestütstraße den Namen von Dr. Franz Lippert, denn dieser engagierte sich nach 1945 aktiv für die Demokratie. Allerdings machte er auch während der NS-Zeit Karriere. Mit dieser widersprüchlichen Biografie des Franz Lippert setzten sich die Jugendlichen im September 2024 auseinander. Herr Benedikt Schramm, Leiter der Abteilung Kultur der Stadt Landshut, hatte dazu für mehrere Klassen verschiedener Gymnasien einen Workshop im Salzstadel organisiert. Durch die Bearbeitung der Quellen wurde deutlich, dass Franz Lippert vor 1945 ein überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus und ein Schreibtischtäter war, der es bis zum Vizepräsidenten des Landesarbeitsamtes von Wien-Niederdonau gebracht hatte. Eine der wichtigsten Aufgaben dieses Amtes war die Organisation von Zwangsarbeit. Unter anderem befanden sich acht Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen im Arbeitsgau Niederdonau.
In einer abschließenden Podiumsdiskussion positionierten sich die Jugendlichen zu dem „Fall Lippert“. Dabei wurde deutlich, dass sie für die Umbenennung des Weges und eine Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Franz Lippert eintraten. Eine neue Namensgebung des Weges solle aber mit weiteren Aktionen wie der Anbringung einer Infotafel mit QR-Code, ausreichend Öffentlichkeitsarbeit oder der Gestaltung von Workshops verbunden werden. Ein konkreter Vorschlag der 11a war zudem die Umbenennung des Weges in Max-Lacher-Weg.
Die Ergebnisse des Workshops wurden in der nächsten Sitzung des Bildungs- und Kultursenats dem Stadtrat vorgestellt und inzwischen steht fest, dass der Dr.-Franz-Lippert-Weg nach dem Künstler Max Lacher benannt werden soll. So kam es dazu, dass sich die Schülerinnen und Schüler im Juli in einem zweiten Workshop mit dem Leben von Max Lacher beschäftigten. Zunächst brachte Herr Benedikt Schramm den Jugendlichen die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von Max Lacher gestalteten Glasfenster in der Stadtpfarrkirche St. Martin näher. In diesen Fenstern werden Leben und Martyrium des Heiligen Kastulus dargestellt, die Köpfe von drei Henkersknechten weisen dabei deutliche Ähnlichkeit mit den Gesichtszügen Adolf Hitlers, Hermann Görings und Joseph Goebbels auf. Anschließend stellte die Leiterin des Stadtarchivs, Frau Dr. Susanne Wolf, den Schülerinnen und Schülern vor, wie durch Archivarbeit Informationen zur NS-Vergangenheit einer Person erforscht werden und Herr Dr. Daniel J. Schreiber, der Leiter der städtischen Museen Landshut, referierte über das künstlerische Werk von Max Lacher. Zudem beschäftigten sich die Jugendlichen noch intensiv mit dem Leben Max Lachers, der auch während des Nationalsozialismus zur Existenzsicherung als Künstler tätig war, in dieser Zeit aber auf Ausstellungen gänzlich verzichtete und seine ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus deutlich zeigte, indem er Teil der „Freiheitsaktion Bayern“ (FAB) wurde. Er war an einem Aufstandsversuch gegen das NS-Regime Ende April 1945 unmittelbar beteiligt. Nach dem Scheitern dieses Aufstandsversuches gelang es ihm, sich versteckt dem Zugriff der Nationalsozialisten zu entziehen.
Zum Abschluss der Veranstaltung wurde in einer Debatte deutlich, dass gerade dieser Schritt Max Lachers in den Widerstand ein wichtiger Aspekt ist, der für ihn als Namensgeber für den Weg nahe der Gestütstraße spricht. Daher befürwortete auch eine deutliche Mehrheit der Jugendlichen eine solche Umbenennung, doch es gab auch Einwände. Mit den beiden Workshops konnten die Schülerinnen und Schüler nicht nur direkt an dieser politischen Diskussion um die Umbenennung einer Straße mitwirken, sondern sie haben auch den Einblick gewonnen, dass solch ein Prozess mit aufwendiger Recherchearbeit verbunden ist und viel Meinungsaustausch wie auch zahlreiche Diskussionen im Vorfeld der Umbenennung nötig sind. Wichtig war für die Jugendlichen dabei, dass ihre Meinung dazu ernst genommen wurde.
Heidi Fischer
